Stillen

Unsere große Tochter wurde 5 Monate voll gestillt, mit 14 Monaten hat sie sich dann selbst abgestillt. Die ersten Monate waren für meine Frau auch oft nicht leicht, immer an das Kind gebunden, das Kind clustert, niemand kann einem die Arbeit abnehmen und so weiter. Aber sie wollte gerne 3 Monate stillen und als diese rum waren hatten die beiden sich so eingespielt, dass meine Frau das stillen genießen konnte und es gerne tat so lange die Muckeline es wollte.

Vor dem Hintergrund stand es für mich außer Frage nicht zu stillen. Muttermilch, insbesondere das Kolostrum, ist einfach das beste was man seinem Kind geben kann. Sicherlich sind die Ersatznahrungen heutzutage auch schon wirklich sehr gut, aber Muttermilch enthält einfach noch viel mehr Stoffe und alleine die Antikörper in ihr sind Gold wert. Aber erstens kommt es anders und 2. als man denkt.

Nach dem beschwerlichen Start ins Leben und dem unterbrochenen Bonding konnten wir dann in einem Nebenraum endlich das erste mal stillen. Leider suchte die Kleine nicht wirklich von selbst die BW sondern ich bot sie ihr an. Sie hat aber gleich angedockt und hatte vom ersten Moment einen festen, nahezu unangenehm starken Zug drauf. Auch wenn ich das gleich bemerkte dachte ich mir nichts dabei. Die erste Nacht war schön, es ging und gut, Baby schlief und stillte die ganze Nacht, war dabei ausgeglichen und zufrieden. Bereits am nächsten Tag waren die BW sehr wund und empfindlich. Ich cremte mit Lanolin und suchte Rat im Internet. Von den Schwestern sah niemand nach uns. Ich bekam Frühstück, Mittag und Abendessen, irgendwann schaute mal ein Arzt rein, der fragte aber nur ob alles okay wäre und war direkt wieder weg. Ich wartete den ganzen Tag auf jemanden der mit mir das Baby waschen wollte aber niemand kam. So wusch ich sie am Nachmittag allein. Meine Frau kaufte lansinoh salbe und Multi Mam Kompressen aber nichts half. Am nächsten Tag fragte ich nach Hilfe, niemand sah sich an wie ich stillte oder fragte ob das Baby gut trank. Es wurde mir kurz und knapp erklärt, dass Baby und ich Bauch an Bauch liegen müssen und dass starke Schmerzen am Anfang ganz normal sind. Komisch dass meine Frau das nie hatte. Ja, die ist ja ein dunkler Typ. Bei hellen Typen ist das schlimmer.

„Ein Glück sind die Norweger unter diesen Voraussetzungen noch nicht ausgestorben“ bemerkte meine Frau.

Wir wurden mit den Problemen allein gelassen.

wieder zuhause wurde es leider nicht besser. Die Nachsorgehebamme die samstags zu mir kam riet zu homöopathischer Wundsalbe für die Brustwarzen und schwarztee. Dann würde es bald besser werden. Erstmal wurde es schlimmer. Beide Brustwarzen waren offen und blutig. Montags morgens spuckte das Babymädchen eine große Ladung geronnenes Blut auf die Wickelkommode. Ich habe mich total erschrocken bis ich realisierte, dass es mein Blut war und nicht ihres.

Leider war auch meine Hebamme keine Hilfe. Ich versuchte mit meinen Hormonen, den Erinnerungen an die Geburt und den Schmerzen klar zu kommen. Ich weinte viel und schrie bei fast jedem anlegen. Ich traute mich schon kaum noch mich zu bewegen aus Angst die kleine wird wach und hat Hunger. Ruhe und Entspannung hatte ich nicht. Ich machte mir und allen anderen leider viel Stress, meine Brustwarzen wollten einfach nicht heilen. Ich googelte mir die Finger wund und versuchte alles. Ging ins stillcafé und hatte 3 Stillberaterinnen hier. Leider konnte mir keine helfen. Ich hatte dann auch noch Soor auf den Brustwarzen, Babymädchen im Mund. Mittlerweile denke ich, es war einfach alles zu verfahren und ich war so enttäuscht dass ich es nicht hinbekam, grade Stillen lag mir doch so am Herzen und war eine Erfahrung die ich unbedingt machen wollte. Aber nicht so.

Nach 8 Wochen, kurz bevor die Elternzeit meiner Frau endete, holte ich mir eine elektrische Milchpumpe. Es tat gut meiner Kleinen weiter MuMi zu geben aber ohne den Stress des Stillens, ohne die Schmerzen und Probleme. Mir ging es psychisch sehr schnell viel besser. Die ersten 14 Tage habe ich die Brust noch ab und zu angeboten, danach nicht mehr. Nach 10 Wochen ausschließlich abpumpen wurde die Milch deutlich weniger, das Abpumpen wurde immer nerviger und anstrengender und ich bin nach und nach auf Pre umgestiegen. Anfang Februar habe ich dann abgestillt. Die Brust wollte sie nicht mehr. Vielleicht hätte ich sie wieder an die Brust bringen und es nochmal versuchen können, aber ich wollte mir und uns nicht wieder so einen Stress machen. Mittlerweile denke ich oft, ich hätte länger am Ball bleiben müssen, es noch mehr versuchen müssen, es hätte klappen können, so viele andere halten Monate durch und stillen dann doch irgendwann schmerzfrei. Aber dann weiß ich auch, dass ich einfach nicht mehr konnte. Ich habe mein Kind abgelehnt weil ich solche Schmerzen hatte. Ich bin kein empfindlicher Mensch, aber das war einfach extrem. So schlimme Schmerzen hatte ich nie zuvor glaube ich.

Fazit: Geht nicht davon aus, dass Stillen einfach intuitiv funktioniert. Das tut es nicht. Informiert euch in der Schwangerschaft und stellt euch auf Probleme ein. Dann seid Ihr nicht so überrumpelt wie ich es war. Auf meine Traumschwangerschaft folgte eine Horrorgeburt und eine katastrophale Stillzeit die mich sehr viel Kraft gekostet hat und mich sehr traurig macht. Aber es ist wie es ist. 4,5 Monate lang hat sie MuMi bekommen und das hätte ich nach der ersten Woche nie gedacht. Und: ich würde es immer wieder versuchen.

Das ist das Stillen wert und vor allem die Babies.